Mit der Gondel über den Kanal Grande fahren, gemütlich über die Rialto-Brücke schlendern, den Dogenpalast besichtigen, italienischen Kaffee am Marktplatz genießen, am Abend köstliche Lasagne an der Uferpromenade schlemmen und dabei der Sonne zusehen, wie sie am Horizont versinkt – so ähnlich habe ich mir einen perfekten Tag als Venedig-Touristin vorgestellt.
Die Wahrheit sah anders aus.
Nichts war mit gemütlich. Tausende andere Touristen hatten genau dieselben Pläne. Reden wir also nicht lange herum: die Rialto-Brücke glich einem Menschenmeer, der Kaffee am Markusplatz schmeckte wie Abwaschwasser – unfreundliche Bedienung inklusive – die Lasagne war zerkocht und der unangenehme Geruch des Kanals war omnipräsent.
Romantisch nenne ich anders.
Hat man sich allerdings mit den Tatsachen abgefunden, kann man die wirklich schönen Seiten der Lagunenstadt entdecken. Einst soll hier Giacomo Casanova seine zahlreichen Liebschaften gepflegt haben und viele Künstler ließen sich von der einzigartigen Atmosphäre inspirieren. George Clooney hat hier seiner Amal das JA-Wort gegeben und auch Fußballer Bastian Schweinsteiger schloss den Bund fürs Leben in Venedig. Ich hingegen könnte mir durchaus schönere Orte zum Heiraten vorstellen.
Nichtsdestotrotz sind auch wir dem Zauber dieser Stadt verfallen, nämlich ab jenem Zeitpunkt, zu dem wir den Reiseführer einfach in die Tasche steckten und uns nicht mehr den Stress machten, über all dort sein zu müssen, wo alle anderen unbedingt hin wollten. Wir liefen durch eine dunkle, schmale Gasse, in der ich mich alleine sehr unwohl gefühlt hätte. Heruntergekommene Hausfassaden, düster und keine Menschen. Auch das ist Venedig. Nur bekommen es die wenigsten Touristen zu sehen, schließlich gibt es jede Menge Sehenswürdigkeiten aus dem Reiseführer, die abgegrast werden wollen.
Wir hingegen wandern gerne auf eigenen Pfaden.
Völlig unerwartet entdeckten wir diesen hübschen Platz. Bäume, schöne Häuser, eine Bootsanlegestelle an der ein Zettel mit einer französischen Nachricht für eine gewisse Lucille lag. Wir setzten uns in das Lokal an der Ecke. Dort waren die Kellner freundlich, das Essen wurde mit einem Lächeln serviert und schmeckte bei weitem besser als in dem Touri-Schuppen an der Uferpromenade. Im Hintergrund lief leise italienische Musik. Und plötzlich war sie da: die Romantik und das Gefühl an einem Ort angekommen zu sein, an dem man gerne mit seinem Liebsten die kostbare Zeit verbringt.
Die Gondelfahrt am nächsten Tag war genauso, wie man sie sich vorstellt. Der Gondoliere wusste über jedes Gebäude etwas Interessantes zu erzählen und wir genossen es auf diese Weise durch die schmalen Wassergassen chauffiert zu werden.
Billig ist das Vergnügen freilich nicht, aber schließlich sind wir nicht jeden Tag in Venedig. Wer nicht so tief in die Tasche greifen möchte, kann übrigens auch mit dem Wasserbus seine Runden drehen.
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