Wie ein Gemälde sieht der Wald um die Kreuzeichenwiese an diesem Dezembertag aus. Nebelschwaden winden sich um die Bäume, der feuchte rotbraune Blätterteppich bedeckt den Boden und aus der Erde ragen unheimliche Wurzelgebilde. Solche Tage zaubern eine spezielle Stimmung in das Waldgebiet zwischen Jubiläumswarte und Heuberg. Aber das soll nur eines der zahlreichen Highlights auf unserer Nebelwanderung sein, die von Wien Ottakring über den Gallitzinberg zum Hanslteich nach Neuwaldegg führt.
Zwischen Morast und faszinierender Gruselkulisse
Bei feuchtem Wetter wird diese Route schnell zum Wettlauf gegen den Schlamm. Wer sich dennoch auf das Abenteuer einlässt, kann dem Alltag für ein paar Stunden Adieu sagen und sich aufs Überleben in der Wiener Wildnis konzentrieren. Die imposanten Nebelbilder werden wir so schnell nicht vergessen, ebenso wenig wie die schmutzigen Schuhe und Klamotten. Ich will euch nichts vormachen: Teilweise wird es richtig dreckig und wir versinken bis zu den Knöcheln im Boden. Wanderstiefel mit guter Profilsohle und hohem Schaft werden hier zu neuen besten Freunden. Weniger Spaß werden jene haben, die sich bei solchen Witterungsverhältnissen mit normalen Sneaker oder Turnschuhen auf den Weg machen. Um es mit den klaren Worten meiner Wanderbegleitung zu sagen:
„Das ist nichts für Weicheier.“
No Fake! Wanderer sollten immer wissen, worauf sie sich einlassen – vor allem bei weniger guten Witterungsverhältnissen.
Wir starten ganz easy beim Bahnhof Ottakring. Durch ein paar Gassen gehts zur Wilhelminenstraße, wo wir links in den Paulinensteig einbiegen und über den Sprengersteig vorbei beim Weinbau Leitner hinauf zum Schloss Wilhelminenberg wandern. Diese erste Etappe verbuchen wir als feines Herz Kreislauftraining zum Aufwärmen. Auf der Schlosswiese werden wir mit einem herrlichen Blick über Wien belohnt. Selbst bei diesigem Wetter sehr sehenswert.
Entlang der Savoyenstraße führt ein Waldweg den Gallitzinberg hinauf. Vorbei am Rundtempel und an der Otto König Warte stapfen wir durch den Ottakringer Wald bis zur Kreuzeichenwiese.
Geheimnisvoll sieht sie im Nebel aus und ein bisschen unheimlich.
Bei Schönwetter sind hier viele Familien, Picknicker und Hundehalter mit ihren Vierbeinern unterwegs. Wenn es so trüb ist wie heute, trifft man lediglich ein paar besonders Hartgesottene. An dieser Stelle könnten wir denselben Weg hinunter gehen, den wir gekommen sind, im Gepäck jede Menge schöne Impressionen. Wir entscheiden uns aber, über den Hanslteich nach Neuwaldegg zu wandern. Vor ein paar Tagen war der Boden noch leicht angefroren, jetzt ist er aufgeweicht und matschig. Bei der Lichtung kurz nach der Kreuzeichenwiese beschleicht uns die Zuversicht, dass wir das Schlimmste hinter uns hätten. Später werden wir eines Besseren belehrt.
Geradeaus geht es zum Heuberg hinauf, links zum Schottenhof und zur Rieglerhütte. Wir biegen rechts Richtung Neuwaldegg ab. Der Nebel wird wieder dichter, die Stimmung magischer. Die Bäume vor uns scheinen im Dunst zu verschwinden. Umso gruseliger wirken die Geräusche um uns herum. Äste knacken unter den Sohlen, links ein Rascheln, hinter uns das Hecheln eines fremden Hundes und dann das Klopfen der Spechte, dass uns auf weiten Teilen begleitet.
Wir müssen aufpassen, wohin wir steigen, denn nicht nur der Nebel wird dichter, sondern auch der Weg morastiger.
Brav marschieren wir dem Hanslteich entgegen.
Wenig später sind die Verhältnisse wieder etwas moderater. Vielleicht wirkt es auch nur so, weil wir über Gruselfilme reden, die in nebeligen Wäldern und Mooren spielen. Nach zirka 40 Minuten sehen wir das Klee, ein hübsches Lokal mit Overwater-Terrasse. Wegen Corona ist es derzeit geschlossen.
Der Dunst hat sich mittlerweile gelichtet. Wir gehen am Lokal vorbei und folgen dem kleinen Weg direkt um den Teich herum. Zirka bei der Hälfte führt er wieder in den Wald hinein. Beim ersten Mal ist diese Stelle nicht einfach zu finden. Infos dazu gibts in meiner Routenbeschreibung. Wenn ihr euch nicht sicher seid, fragt jemanden, wie ihr zur Schwarzenbergallee kommt.
Wir fühlen uns wie Winnetou und Old Shatterhand im Großstadtdschungel.
Auf unserem kleinen Waldweg schleichen wir der Schwarzenbergallee entgegen und bemühen uns, nicht auszurutschen. Ein Wanderpaar kommt uns entgegen. Glücklich schauen die nicht drein stellt. Ganz klar falsche Schuhe. Nach ein paar Minuten ist links das Sportzentrum Marswiese zu sehen. Von hier ist es nicht mehr weit zur Straßenbahnstation 43, die uns wieder nach Hause bringt.
In der Bim besprechen wir noch einmal die Highlights unserer Nebelwanderung. Lustig war es, herausfordernd und dreckig sind wir – das nennt man Erfolg auf ganzer Linie. Bei meiner Begleitung bin ich ab sofort als „Ruf aus der Wildnis“ im Handy eingespeichert, schließlich habe ich diese Strecke vorgeschlagen – I like.
Die Etappen und Wegbeschreibung findet ihr hier.
Route, Etappen und Wegbeschreibung
Bahnhof Ottakring – Wilhelminenstraße/ Ecke Sandleitengasse – Paulinensteig – Sprengersteig – Gallitzinberg – Ottakringer Wald – Kreuzeichenwiese – Hanselteich – Schwarzenbergallee – Endstation 43 / Neuwaldegg
Einkehrmöglichkeiten (wenn es die Corona-Maßnahmen erlauben):
Tipps für Wanderer:
- Festes (am besten wasserfestes) Schuhwerk mit hohem Schaft und einer guten Profilsohle
- Die Strecke ist es oft weitgehend schlammig. Selbst in den warmen Jahreszeiten bin ich hier schon bis zu den Knöcheln durch den Schlamm gewatet, wenn es einige Tage zuvor geregnet hat.
- Bei feuchtem oder regnerischen Wetter müsst ihr damit rechnen, dass weite Teile der Strecke rutschig und extrem schlammig sind.
- Achtung im Winter – Rutschgefahr. Bei Schnee und Eis rate ich von dieser Route ab.
- Außerdem empfiehlt es sich mit Begleitung zu gehen, damit man nicht alleine auf weiter Flur ist.